Klima
und Witterung im Versuchszeitraum
Geisenheim, am Rhein, liegt im
Rheingau und verfügt über ein ausgeprägtes Weinbauklima. Die Versuchsflächen
liegen 83m über NN. Alle in diesem Kapitel aufgeführten Witterungsdaten
wurden von der agrar-meteorologischen Forschungsstelle in Geisenheim
erhoben. Die Wetterstation liegt 118m über NN. Es ist daher möglich, dass es
im Versuchszeitraum zu geringen Abweichungen zwischen den Daten der
Wetterstation und dem tatsächlichen Witterungsverlauf am Ort des Steilwalles
gekommen ist. Als Alternative hätten eigene Messdaten erhoben werden müssen.
Die Messungenauigkeit dieser eigenen Messungen wäre aber mit Sicherheit
höher gewesen, als die mögliche Witterungsdifferenz zwischen Steilwall und
Messstation.
Geisenheim hat eine Jahresmitteltemperatur
von 9,8°C. Die Niederschlagsmenge beträgt im langjährigen Mittel 540mm pro
Jahr. Ein großer Teil dieser Niederschlagsmengen fällt in den Spätherbst-
und Wintermonaten, sodass in den Monaten der Vegetationszeit, bei hohen
Temperaturen und intensiver Sonneneinstrahlung, sich ein erhebliches
Wasserdefizit in der potentiellen Wasserbilanz ablesen lässt.
Diese Witterungsverhältnisse sind sehr gut
für Vegetationsversuche, wie den Steckholzversuch, geeignet. In extremen
Trockenjahren besteht die Möglichkeit zu wässern, aber auch in so genannten
Nassjahren wird in Geisenheim kaum das Jahresniederschlagsmittel für
Deutschland erreicht, geschweige denn überschritten, sodass die
Versuchsergebnisse, auch in solchen Jahren, von hoher Aussagekraft sind und
nicht durch überhöhte Regenspenden verfälscht werden.
Der Witterungsverlauf für den
Versuchszeitraum von März bis September 1995 ist in Tabelle 3
nachzuvollziehen. Zusätzlich wurden die Monate Januar und Februar in die
Tabelle aufgenommen. In den Abbildungen 23 und 24 sind der
Temperaturverlauf, sowie die Niederschlags- und Verdunstungsverhältnisse in
Geisenheim von Januar bis September 1995 dargestellt. Zum Vergleich wird
jeweils das langjährige Mittel gezeigt
Monat
|
TM
°C |
Abw.
°C |
RRR
mm |
%
|
QH
mm |
Bil.
mm |
Januar |
2.0 |
+0.8 |
117 |
304 |
14 |
+103 |
Februar |
5.8 |
+3.5 |
51 |
147 |
19 |
+32 |
März |
4.8 |
-0.8 |
60 |
158 |
35 |
+25 |
April |
10.9 |
+1.5 |
35 |
89 |
74 |
-39 |
Mai |
14.2 |
+0.3 |
56 |
110 |
110 |
-54 |
Juni |
16.4 |
-0.6 |
28 |
47 |
104 |
-76 |
Juli |
22.0 |
+3.4 |
53 |
93 |
151 |
-98 |
August |
20.0 |
+1.9 |
114 |
214 |
132 |
-18 |
September |
13.6 |
-1.1 |
55 |
134 |
45 |
+10 |
Jan.-Sept. |
|
|
569 |
138 |
684 |
-115 |
Summe
März-Sept. |
|
|
401 |
118 |
651 |
-250 |
TM =
Monatsmitteltemperatur
Abw. = Abweichung vom Langjährigen Mittel
RRR = Summe des Niederschlags
% = Prozent vom Langjährigen Mittel
QH = Verdunstung (potentiell)
Bil. = Wasserbilanz (potentiell), (RRR - QH)
Tabelle 3: Witterungsdaten für die Monate
Januar bis September. Aufgenommen durch den agrarmeteorologischen
Wetterdienst, Station Geisenheim, 118m über NN.
°C
TM °C = Monatsmitteltemperatur, angegeben
in °C
LM °C = Langjährige Monatsmitteltemperatur, angegeben in °C
Abb. 21: Diagramm über den Temperaturverlauf in Geisenheim 1995 und im
langjährigen Mittel (1961-1990)
mm
RRR mm = Summe des Niederschags,
angegeben in mm
QH mm = Potentielle Verdunstung, angegeben in mm
RLM mm = Summe des Niederschlags im langj. Mittel, angegeben in mm
Abb. 22: Diagramm über die Niederschlags- und Verdunstungsverhältnisse in
Geisenheim 1995 und den Niederschlag im langjährigen Mittel (1961-1990)
Nach den warmen und feuchten Monaten Januar
und Februar, schließt sich der zu kühle und feuchte März an. Das Frühjahr
lässt sich als normal für den Rheingau bezeichnen, wie der fast parallele
Verlauf der Temperaturdaten für 1995 und für das langjährige Mittel
verdeutlichen.
Für die Vegetation problematisch sind der
sehr trockene Juni und der Juli mit sehr hohen Temperaturen. Es handelte
sich um den zweitheißesten Juli seit dem Beginn der regelmäßigen Messungen
in Geisenheim vor 110 Jahren. Zwei Monate mit sehr negativer Wasserbilanz.
Erschwerend kommt noch hinzu, dass auch im Juli es immer wieder zu längeren
Hitze- und Trockenperioden kam, die nur von zum Teil heftigen
Regenereignissen unterbrochen wurden (s. Anhang). Auch in der ersten Hälfte
des August setzt sich dieser Witterungsverlauf fort. Am 13. August kommt es
in Geisenheim zu einem Regengroßereignis mit einer Tagesmenge von 54mm, dies
ist die höchste Einzelmenge im August seit Aufnahme der Messungen. Das
entspricht ungefähr der langjährigen Monatsniederschlagsmenge im August in
Geisenheim. In der zweiten Monatshälfte sinken die Temperaturen. Im
September bleibt es bei dem feuchten, kühlen Wetter, sodass der Sommer schon
Mitte August vorüber ist. Insgesamt muss das Jahr 1995 als Nassjahr
bezeichnet werden. Für die Aussagekraft des Versuches entscheidend, sind
aber die trockenen und warmen Sommermonate Juni, Juli, sowie die erste
Augusthälfte. Im Versuchszeitraum (März - September) vielen 401mm
Niederschlag, das sind 62mm über dem langjährigen Mittel. Die potentielle
Wasserbilanz zeigt für Geisenheim im Versuchszeitraum allerdings minus von
250 mm. Die Versuchsergebnisse können also, trotz des Nassjahres, als
aussagekräftig bezeichnet werden.
Beschreibung der verwendeten Böden
Die Substratfrage zur Steilwallbegrünung ist
nach dem gegenwärtigen Stand der Forschung als offen zu bezeichnen. In
Veitshöchheim wird mit Dachsubstraten (Zincolith R, Vulkaterra E) gearbeitet
und in Weihenstephan laufen Versuche mit Grüngutkompost und diversen
Zuschlagsstoffen (Ziegelsplitt, Hydrotonsplitt, Lecadan T). All diese
Substrate sind für eine Anlage, wie den Reifenwall, ungeeignet, da sie nicht
ausreichend strukturstabil sind.
In der Praxis sieht es häufig so aus, dass
aus Kostengründen der anfallende Bodenaushub zur Auffüllung der Steilwälle
verwendet wird.
Deshalb wurde auch bei der Reifenanlage mit
anstehendem Füllboden aus Tiefbauarbeiten gearbeitet. Leider konnten die
Anlagen aus technischen Gründen nicht homogen gefüllt werden, sodass die
erste Etage beider Anlagen mit einem stark tonigen Schluff (Boden 1), aus
oberen Bodenschichten (A-Horizont) aus Geisenheim-Marienthal, die zweite
und dritte Etage, sowie die Kopfreihe mit einem mittel lehmigen Schluff
(Boden 2), aus tieferen Bodenschichten (B-Horizont) aus Oestrich-Winkel,
gefüllt wurden. Beide Böden werden nach DIN 18915 in Bodengruppe 8 (starkbindiger
Boden) eingeordnet. Bei der Bodenverfüllung wurde nicht unterschieden
zwischen Wurzelraum und Erdkern. Boden 1 verfügt über einen sehr hohen
Feinstkornanteil von 21,7%, Boden 2 besitzt ebenfalls einen hohen
Feinstkornanteil von 14,8%. Darüber hinaus besitzen beide Böden eine sehr
große Schluffraktion von 63,8% bzw. 76,9%. Daraus lässt sich ein sehr hohes
Wasser-haltevermögen ableiten. Die Böden müssen als sehr
verschlämmungsanfällig bezeichnet werden. Es muss also sehr auf eine
fachgerechte Verarbeitung beim Einbau geachtet werden. Die Böden sind nur in
trockenem bis erdfeuchtem Zustand zu bearbeiten. Dies gilt in besonderem
Maße für die Steilwall-Errichtung, da sie hierbei stark verdichtet werden
müssen. Andernfalls wird die Struktur des Bodens zerstört und der
Luftporenanteil ist für Vegetationszwecke nicht mehr ausreichend. Beide
Böden besitzen bei ordnungsgemäßem Einbau eine Luftkapazität zwischen 12
Vol.% und 15 Vol.%. Das sind gute Werte. "Als optimal für das
Pflanzenwachstum wird heute eine Luftkapazität von ca. 20 Vol.% angenommen"
(SACHWEH, 1985). Die Vergleichspflanzung wird in einem stark lehmigen Sand
(Boden 3) durchgeführt. Dieser Boden ist aufgrund seines Luft- und
Wasserporenverhältnisses sehr gut zur Steckholzvermehrung geeignet.
Die Variationen in der Bodenart halten sich
in einem Rahmen, dass eine Vergleichbarkeit der Versuchsergebnisse nicht
gefährdet ist. Die Unterschiede in der Bodenart müssen aber bei einer
Beurteilung der Versuchsergebnisse berücksichtigt werden.
Der Gehalt an organischer Masse ist bei
Boden 1 und 2 niedrig genug, um die statische Sicherheit zu gewährleisten.
Er liegt für Boden 2 sogar unterhalb des Grenzwertes der FLL-Richtlinie für
mehrschichtige Dachbegrünungssubstrate und für Boden 1 an der unteren
Grenze. Das ist auch gut, denn die FLL-Richtlinie liegt in diesem Punkt
sicherlich höher, als es für Steilwall-Substrate sinnvoll wäre. Der Boden im
Vergleichsbeet bleibt ebenfalls in einem vergleichbaren Rahmen. Wichtig für
die Vergleichbarkeit der Substrate ist die Tatsache, dass alle drei
Substrate eine ungefähr gleiche maximale Wasserkapazität besitzen und mit
Werten zwischen 43,30 und 45,86 Volumen-% im Bereich der FLL-Richtlinie
(35-60 Vol.-%) sich befinden.
Auch der pH-Wert der drei Böden ist ähnlich,
mit 7,01-7,72 liegt er im neutralen bis schwach alkalischen Bereich. Diese
Werte sind einem pflanzlichen Gedeihen sehr zuträglich. Den Pflanzen stehen
in diesem pH Bereich alle Nährstoffe zur Verfügung.
Der Gehalt an Kalziumkarbonat der Böden ist
gering und liegt zum Teil deutlich unter dem Grenzwert der FLL-Richtlinie,
der bei 25% liegt. Bei Boden 1 liegt er allerdings auf sehr niedrigem
Niveau. Dieser Boden ist als schwach karbonathaltig zu bezeichnen. Dies ist
für unseren Versuch voll ausreichend. Für eine Anwendung am Straßenrand
würde man die Pufferungseigenschaften dieses Bodens durch eine Kalkgabe
erhöhen. Gerade im Blick auf die dort zu erwartende Salzbelastung.
Boden 1 und 2 sind bei sachkundiger
Verwendung für einen Verbau im Steilwall geeignet, Boden 3 kann als Substrat
für das Vergleichsbeet verwendet werden, ohne die Vergleichbarkeit der
Versuchsergebnisse zu gefährden.
Boden |
Gehalt
org. Sub-stanz % |
max.
Wasser-kapazität Vol.% |
CaCO3
% |
pH-Wert
(CaCl2) |
N
leicht löslich
(mg/l) |
P2O5
(mg/l)
|
K2O
(mg/l)
|
Mg
(mg/l)
|
1 |
3,77 |
45,35 |
1,44 |
7,26 |
43,68 |
39,31 |
192,4 |
81,12 |
2 |
0,93 |
45,86 |
17,85 |
7,72 |
53,72 |
39,61 |
31,1 |
79,85 |
3 |
4,26 |
43,30 |
3,60 |
7,01 |
37,30 |
444,4 |
242,4 |
111,1 |
4 |
3-8 |
35-60 |
< 25 |
7,0 -8,0 |
30-60 |
50-150 |
100-200 |
60-120 |
Tabelle 4: Kennwerte der Böden 1; 2; und 3;
sowie zum Vergleich unter 4. die in der FLL-Richtlinie (1992) genannten
Anforderungen an Dachbegrünungssubstrate für mehrschichtige Aufbauten. Die
Böden 1 und 2 sind im Steilwall verbaut. Der Boden 3 befindet sich im
Vergleichsbeet.
Beurteilung der Nährstoffversorgung
Die Nährstoffversorgung mit den Elementen
Stickstoff, Phosphor und Magnesium ist für die beiden im Steilwall
verwendeten Böden (1 und 2) sehr ähnlich. Sie ist als niedrig zu bezeichnen.
Beide Böden sind gemäß den Angaben in Tabelle 4 mit Nährstoffen versorgt.
Die Gefahr einer Überversorgung und damit zu mastigen Pflanzenwuchses ist
nicht gegeben.
Die Werte für Kalium sind unterschiedlich.
Während Boden 1 gut versorgt ist, muss die Kaliumversorgung von Boden 2 als
gering eingestuft werden. Ob dieser Umstand Auswirkungen auf den
Pflanzenwuchs hat, bleibt abzuwarten.
Die Stickstoff- und Magnesiumversorgung ist
für das Vergleichsbeet (Boden 3) befriedigend. Die Versorgung mit Kalium und
vor allem mit Phosphor muss als sehr hoch bis extrem hoch beschrieben
werden. Dies ist aber häufig auf gärtnerisch genutzten Flächen zu
beobachten, da diese Elemente oft mitgedüngt werden, aber in geringerem
Umfang von den Pflanzen benötigt werden, und sich so im Boden anreichern
(besonders Phosphor). Dieser hohe Versorgungsgrad dürfte aber auf den
Pflanzenwuchs im Vergleichsbeet keinen Einfluss haben, denn, wie das Gesetz
des Minimums belegt, wird der Pflanzenwuchs im Vergleichsbeet durch das
Stickstoffangebot gekennzeichnet, und das steht in einem vergleichbaren
Rahmen zu den Steilwall-Substraten. Die Kaliumversorgung kann noch nicht als
Überversorgung bezeichnet werden, es sind deshalb auch keine negativen
Auswirkungen auf die Antagonisten Magnesium und Kalzium zu befürchten. Auch
der sehr hohe Versorgungsgrad mit Phosphor stellt keine Belastung für den
Pflanzenwuchs dar. Phosphor geht im Boden schwerlösliche Verbindungen ein
und wird bei pH-Werten > 7 (Boden 3 = pH 7,01) als Ca-Apatit festgelegt.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Nährstoffsituation in den
untersuchten Böden den vorgesehenen Versuch zulässt und die Unterschiede in
der Nährstoffversorgung einem Vergleich der Standorte, wie sie der Versuch
vorsieht nicht im Wege stehen. Dies wird insbesondere durch die ähnliche
Stickstoffversorgung ermöglicht
Mulchung zur Verminderung der
Verdunstungsrate
Eine Mulchung an einem Steilwall ist zur
Verminderung der Verdunstungsrate empfehlenswert. Wird die Mulchung mit
Hächselgut oder zerkleinerter Borke durchgeführt, ist die Gefahr einer
Infektion mit Schwächeparasiten gegeben und die Entscheidung für oder gegen
eine Mulchung Abwägungssache.
Für einen Steckholzversuch an einem
Steilwall ist eine Mulchung mit herkömmlichem Mulchmaterial sicherlich ein
schwer kalkulierbares Risiko. Die Pflanzen sind besonders in der Anfangszeit
nach dem Stecktermin einem erhöhten Streßfaktor ausgesetzt und besitzen eine
stark negative Disposition gegen Schwächeparasiten. Der Verzicht auf eine
Mulchung aber würde den Versuchsverlauf negativ beeinflussen. Die
Konstruktion mit seiner großen horizontalen Oberfläche ist eigens für eine
Bepflanzung mit Mulchung ausgelegt. Um trotzdem eine Mulchung Vornehmen zu
können wurde Lavakies in einer Körnung von 3/11mm als Material gewählt. Eine
Mulchung also mit einem mineralischen Mulchmaterial, wie es bisher in
Deutschland noch nicht üblich ist. Der Lavakies wird in einer Stärke von
3-4cm nach dem Stecken aufgebracht. Die Verwendung von mineralischem
Mulchmaterial hat gegenüber organischem Mulchmaterial auch den Vorteil, dass
es nicht zu einem zusätzlichen Eintrag von Wildkräutersamen kommt, wie es
bei organischem Mulchmaterial der Fall sein kann und dass der Lavakies
strukturstabil ist, nicht abgebaut wird und so über Jahre ohne zusätzlichen
Pflegeaufwand seine Funktion als Mulchschicht erfüllen kann, indem er für
ein ausgeglichenes Wasser / Luft - Verhältnis im Boden sorgt.
Pflanzenauswahl mit kurzen Pflanzenporträts
Für die Pflanzenauswahl ist von oberster
Bedeutung, dass die Pflanzen gut und leicht über Steckhölzer vermehrt werden
können. Also eine hohe Anwuchsrate besitzen und nicht "auf Auge" vermehrt
werden, sondern auf der gesamten Länge des Steckholzes, ober- wie
unterirdisch, in der Lage sind auszutreiben. Weiterhin müssen die Pflanzen
in der Lage sein, auf dem Extremstandort Steilwall existieren zu können. Es
sollen aber auch keine bedingungslosen Pioniergehölze verwendet werden, von
denen bekannt ist, dass sie anspruchslos an nahezu allen Standorten
gedeihen, wie z.B. Symphoricarpos spec. oder Lycium barbarum. Ein
Steckholzversuch mit solchen Pflanzen, zeigte mit hoher Wahrscheinlichkeit
gute Ergebnisse, seine Aussagekraft zur vegetationstechnischen Tauglichkeit
der getesteten Konstruktion wäre aber entsprechend gering. Deshalb sollen
die ausgewählten Testpflanzen aus dem erweiterten Kreis der in Steilwällen
geeigneten Pflanzen stammen.
Alle diese Kriterien erfüllen die
ausgewählten Pflanzen: Ligustrum vulgare 'Atrovirens' und Salix purpurea
'Nana'.
Kurze Pflanzenporträts:
Ligustrum vulgare 'Atrovirens:
Wintergrüne Sorte vom heimischen L. vulgare
Wuchs: Straff aufrecht, bis 4m hoher Strauch, mit kurzen
abstehenden Seitentrieben
Blatt: Wintergrün, breit eiförmig, 4-6cm lang,
Blüte/Frucht: Blüte rahmweiß in bis 6cm langen Rispen, duftend, Früchte
glänzend
schwarz, wertvolle Vogelnahrung
Standort: Völlig anspruchslos, sowohl Sonne als auch Halbschatten;
auch auf
kalkhaltigen Böden
Bes.Hinweis: Gesünder und darum besser als L. vulgare; völlig winterhart
und
industiefest, Nist- und Aufenthaltsgehölz für Vögel
und Kleintiere
Salix purpurea 'Nana' (syn.
S. purpurea 'Gracilis'):
Zwergform der heimischen S. purpurea, seit 1900 als Kulturweide in
Mitteleuropa bekannt.
Wuchs: Kleiner 1,5m-2,0m hoher Strauch mit kugeligem Wuchs und
dünnen
rotbraunen Trieben
Blatt: Sommergrün, zierlich, eiförmig-lanzettlich,
silbriggrau behaart mit
schöner Herbstfarbe
Blüte/Frucht: Kaum von Bedeutung
Standort: Keine besonderen Bodenansprüche; verträgt trockene und
sonnige
Standorte
Bes.Hinweis: Hart und industriefest, sehr trockenheitsresistent.
Geringer
ökologischer Wert.
Kiermaier und Fischer (1993) empfehlen von
beiden Pflanzenarten andere Sorten für den Steiwall. Remlinger (1981) ordnet
den Liguster als mittelhohen aufrechtwachsenden Strauch ein und spricht ihm
mittlere Eignung zu, in Bezug auf: Lichteinstrahlung, Aufheizung, Fahrtwind,
Oberflächenverletzung, Abgase, Bodenversalzung, wintergrüne Belaubung,
frühen Austrieb und Blüte. Gute Eigenschaften sieht er in Bezug auf die
geringe Wartung und die dichte Verzweigung.
Dem niedrig kugelig wachsenden Strauch,
Salix purpurea 'Nana' erteilt Remlinger gute Bewertung in der
Risiko-Bewältigung: Bodenaustrocknung, Nährstoffmangel, Lichteinstrahlung,
Aufheizung, Abgase, Salzbelastung und eine geringe Wartung. Positiv bewertet
er, was das Erscheinungsbild anbelangt, insbesondere die attraktive
Blattfärbung.
Beide Pflanzen gelten als gut
vermehrungsfähig über Steckholzvermehrung, und werden dem erweiterten Kreis
der zur Steilwallbegrünung geeigneten Pflanzen zugeordnet. Somit sind sie
für den vorgesehenen Kulturversuch sehr gut geeignet.
Die verwendeten Steckhölzer
Es werden Steckhölzer der Pflanzenarten
Ligustrum vulgare 'Atrovirens' und Salix purpurea 'Nana' geschnitten. Die
Steckhölzer besitzen eine Länge von 20cm. Beide Pflanzenarten werden nicht
"auf Auge" vermehrt, dass heißt beim Schnitt der Steckhölzer und auch später
beim Stecken muss nicht auf schlafende Augen geachtet werden.
"Ob der Schnitt gerade oder schräg
ausgeführt wird, ist für den Bewurzelungserfolg unerheblich. Allerdings
empfiehlt es sich das obere oder untere Ende schräg zu schneiden, um später
beim Stecken zu wissen, was oben und unten ist. Denn Steckhölzer weisen, wie
Stecklinge, eine festgelegte und nicht umkehrbare Polarität auf. Sie bilden
Wurzeln immer basal, das heißt am ursprünglich unteren Ende, unabhängig von
der Lage zur Erdbeschleunigung." (KAWOLLEK)
Beim Versuch wird das untere Ende schräg
geschnitten und das obere gerade. Auf das obere Ende wird nach dem Stecken
zusätzlich ein Mittel zum Wundverschluss und Verdunstungsschutz gegeben. Die
Steckhölzer werden in der Vegetationsruhe geschnitten und bis zum
Stecktermin sachgerecht gelagert.
Die Versuchsanordnung und -durchführung
Die Versuchsanlagen wurden im November 1994
errichtet. In den Wintermonaten kam es trotz Frosttemperaturen zu keinen
nennenswerten Setzungen.
Ligustrum vulgare 'Atrovirens' wurden von
den Baumschulen Conrad Appel in Darmstadt bezogen. Die Steckhölzer wurden am
03.01.1995 geschnitten. Salix purpurea 'Nana' wurden von den
Forstbaumschulen Selders in Hünxe-Drevenack bezogen. Die Steckhölzer wurden
am 06.01.1995 geschnitten.
Die Steckhölzer wurden gebündelt und bis zum
Stecktermin in einer 'ROMA- Kühlzelle' aufbewahrt. Die Temperatur während
dieser Zeit betrug 6°C. Um eine Austrocknung der Hölzer zu vermeiden wurden
die Bündel in Plastikbeutel verpackt. Während der Lagerungszeit lagen die
Steckhölzer waagerecht in der Kühlzelle.
Als Stecktermin für die Versuchsanlage ist
der 01.03.1995 festgesetzt. Für das Vergleichsbeet am Boden muss aus
technischen Gründen der 27.03.1995 gewählt werden. In der Literatur wird als
Zeitpunkt zum Stecken die Zeit ab Ende März angegeben, so dass der
Stecktermin am Steilwall eher etwas zeitig gewählt wurde.
Auf die Vergleichbarkeit der Ergebnisse hat
der unterschiedliche Stecktermin am Anfang der Vegetationsperiode keinen
Einfluss. Bestätigt wird diese These, wenn man berücksichtigt, dass der März
1995 in Geisenheim kühl war und rund 1°C unter dem langjährigen Mittel lag.
Bei einer durchschnittlichen Temperatur von 4,8°C war die Entwicklung der
Vegetation sehr gehemmt. (Keimung und Pflanzenwachstum beginnen erst > 5°C
Bodentemperatur. (KUNZE et
al., 1988))
Zum Stecken wurden die oberen 20cm mit dem
Spaten gelockert. Die Steckhölzer wurden bis auf 4cm im Substrat versenkt
und kräftig angedrückt, um einen raschen Bodenschluss sicher zu stellen. Die
Köpfe der Steckhölzer wurden mit "Drawipas" gegen Verdunstung und zum
zügigen Wundverschluß behandelt. Drawipas ist ein Wundverschlußmittel mit
fungizider Wirkung der Firma Wacker Chemie, München. Es beinhaltet die
Wirkstoffe: 1% Thiabendazol und 2,8% Captafol.
Als Verdunstungsschutz wird auf das
Erdsubstrat eine 3-4cm starke Mulchdecke aus Lavakies (3/11mm Körnung)
aufgebracht.
Da die Zeit vor dem Stecken sehr regenreich
gewesen war und das Substrat am Stecktermin gut durchfeuchtet war, konnte
auf ein Angießen der jungen Steckhölzer verzichtet werden.
In jede Röhre werden zwei Steckhölzer der
gleichen Pflanzenart gesteckt. Es wird so gesteckt, dass der Liguster in
jeder Exposition auf der für den Betrachter linken Seite steht. Für die
Bonitierungen werden drei Röhren pro Pflanzenart, Etage und Exposition
ausgezählt. Das heißt, es werden jeweils die Messdaten von 6 Einzelpflanzen
erhoben. Gezählt wird von der Mitte aus. Pro Exposition ergeben sich also 18
Einzelpflanzenwiederholungen pro Pflanzenart.
Es ergeben sich für die Bonituren (ohne die
Kopfreihen):
a) 12 Steckhölzer pro Etage und Exposition
(6 von jeder Pflanzenart).
b) 36 Steckhölzer pro Exposition (18 von jeder Pflanzenart).
c) 48 Steckhölzer pro Etage (24 von jeder Pflanzenart).
d) 72 Steckhölzer pro Wall (36 von jeder Pflanzenart).
e) 144 Steckhölzer insgesamt, ohne Kopfreihe (72 von jeder Pflanzenart).
Für die Bewertung werden die Daten der
Punkte b), c) und e) herangezogen.
Die Anzahl der Wiederholungen ist durch die
Größe der Versuchsanlage auf maximal 3 Röhren pro Pflanzenart, Etage und
Exposition beschränkt, wenn man den Versuch mit zwei Pflanzenarten
durchführen will, was unbedingt sinnvoll ist, um die Aussagekraft des
Versuches so hoch wie möglich zu gewährleisten.
Im Vergleichsbeet auf dem Boden werden pro
Pflanze 15 Einzelwiederholungen vorgenommen. In den Kopfröhren sind jeweils
14 Einzelpflanzenwiederholungen möglich.
In der Zeit des Versuches müssen Temperatur
und Niederschlag intensiv beobachtet werden.
Bei Trockenheitserscheinungen an den
Pflanzen muss gegebenenfalls nachgewässert werden.
Es werden drei Bonitierungen durchgeführt,
am 17.05.1995, am 18.07.1995, sowie die Endbonitierung am 03.10.1995.
Ermittelt werden bei jeder Bonitierung die
Gesamttrieblänge pro Steckholz, die Anzahl der Triebe pro Steckholz, sowie
die Anwuchsrate.
Vor der Bonitierung werden jeweils die
aufgelaufenen Wildkräuter bestimmt und entfernt.
Um ein höchst mögliches Maß an Genauigkeit
zu erzielen, ist es für die Endbonitierung bei buschigen Pflanzen notwendig
die oberirdischen Teile der Versuchspflanzen abzuschneiden, um die
Trieblängen exakt ermitteln zu können (bei Salix purpurea 'Nana' muss so
verfahren werden).
Da der Versuch in der Zeit von März bis
Oktober durchgeführt werden muss, kann er keine gesicherten Daten über das
Frostverhalten der Pflanzung im Winter bringen. Allgemein ist aber
nachzuweisen, dass eine gesunde und gut versorgte Pflanzung auch bei
Frosteinwirkungen weniger empfindlich reagiert.
Die Pflege der Versuchsanlagen mit
Beschreibung des Wildkrautaufwuchses und Hinweisen zur Fauna
Für die Dauer des Versuches konnte auf
zusätzliche Wässerungsmaßnahmen verzichtet werden. Die Pflanzen zeigten zu
keinem Zeitpunkt des Versuches Anzeichen für einen Wassermangel oder gar
Trockenheitserscheinungen.
Vor den Bonitierungen wurden jeweils die
aufgelaufenen Wildkräuter bestimmt und entfernt. Die Entfernung des
Wildkrautaufwuchses ist notwendig, um die Versuchsergebnisse nicht unnötig
durch einen weiteren Faktor zu beeinflussen, und so die Vergleichbarkeit zu
erschweren. Der Aufwuchs von Wildkräutern konnte in erster Linie in der
ersten Etage und im Bodenbeet beobachtet werden. In der zweiten und dritten
Etage, sowie in der Kopfreihe kam es nur zu sehr geringem Wildkräuterwuchs,
dies liegt maßgeblich an dem verwendeten Füllboden in diesen Bereichen, der
aus einem tieferen Bodenhorizont stammt und nur gering mit Wildkrautsamen
belastet ist.
Folgende Wildkräuter kamen auf der
Versuchsanlage zum Aufwuchs:
- Alopecurus spec.
(Fuchsschwanzgras)
- Amarantus viridis (Melden
- Amarant)
- Anagallis avensis (Acker - Gauchheil)
- Artemisia vulgaris (Gemeiner Beifuß)
- Atriplex patula (Spreizende Melde)
- Chenopodium album (Weißer Gänsefuß)
- Daucus carota (Wilde Möhre)
- Euphorbia exigua (Kleine Wolfsmilch)
- Galium aparine (Kletten - Labkraut)
- Lactuca serriola (Stachel - Lattich)
- Lepidium campestre ( Feldkresse)
- Linum perenne (Dauer - Lein)
- Polygonum aviculare (Vogelknöterich)
- Polygonum convolvulus (Gemeiner Windenknöterich)
- Ranunculus repens (Kriechender Hahnenfuß)
- Raphanus raphanistrum (Hederich)
- Rumex obtusifolius (Stumpfblättriger Ampfer)
- Sedum telephium (Purpur - Fetthenne)
- Setaria spec. (Hirse)
- Sonchus asper (Rauhe Gänsedistel)
- Taraxacum officinale (Gemeiner Löwenzahn)
- Veronica agrestis (Acker - Ehrenpreis)
- Veronica persica (Persischer Ehrenpreis)
- Vicia tetraspermum (Viersamige Wicke)
Zusätzlich entwickelten sich Cotoneaster
spec. (Zwergmispel), Populus spec., sowie Salix caprea an den
Versuchsanlagen.
Die Wildkräuter sind typische Vertreter der
heimischen Feldflora, die zum Teil häufiges Vorkommen in Siedlungsnähe
zeigen. Einige Arten (z.B. Sedum telephium) entstammen wohl aus der direkten
Umgebung am Versuchsstandort.
Es kamen zwar eine Vielzahl an
Wildkrautarten zum Aufwuchs, die Individuenzahl hingegen war gering. Die
Pflegemaßnahmen pro Bonitierung konnten daher von einer Arbeitskraft in 20
Minuten erledigt werden. Das ergibt eine Akh Pflegemaßnahmen im ganzen Jahr.
Das ist ein sehr niedriger Wert. Umgerechnet auf Quadratmeter
schallgeschützte Fläche (die Wallanlagen besitzen 28m² schallgeschützte
Fläche) ergibt sich ein Zeitwert von rund 2 Minuten pro m² schallgeschützte
Fläche.
Dieser geringe Pflegeaufwand ist möglich,
weil Füllboden mit geringer Belastung an Wildkrautsamen verwendet wurde,
durch die Mulchung mit Lava-Kies und durch die geringe Anzahl Pflanzen pro
m².
Am Wall nisteten sich schon nach kurzer Zeit
eine Reihe Fliegen, Ameisen, Zikaden, Asseln, Erdwespen und Wildbienen an.
An den Weiden konnten die Gallen von Gallwespen beobachtet werden. Im
Oktober wurden bereits Regenwürmer bis in die oberen Etagen gesichtet,
obwohl der dort eingefüllte Boden zu Beginn des Versuches sehr schwach mit
Regenwürmern besiedelt war. Außerdem wurden zwei Höhleneingänge von
Kleinsäugern, vermutlich Mäusen, gesichtet. Die Wallanlage wurde in der
gesamten Zeit viel von Vögeln, vornehmlich Amseln, als Aussichtsplatz
genutzt. Durch die vermehrte Vogellosung in der Kopfreihe war dies
nachzuvollziehen. Zum Zeitpunkt der dritten Bonitierung, Anfang Oktober,
waren die Wallanlagen aufgrund ihres hohen Begrünungsgrades bereits in der
Lage die Funktion einer Feldhecke als Vogelaufenthaltplatz zu übernehmen.
Zahlreiche Vögel nutzten die Wallanlagen, um in ihnen zu verweilen.
Vegetationstechnik
|